Etappe 1

Etappe 1

Eine Reise hat ja nicht nur ein Ziel, sondern auch einen Weg dorthin.

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Ich kanns nicht lassen. Hier ein allerdings schon etwas älteres Bild von Deutschlands berühmtesten Kleinbahnhof, den ich auf meinen Reisen zum Studienstandort Friedrichshafen am Bodensee öfters passiere.

Ja, der Bodensee, das Schwäbische Meer. Ist nicht nur eine Floskel, das war mal wirklich so, ist aber schon ein Weilchen her. Ein sehr langes Weilchen, um genau zu sein über 1100 Jahre. Da liegt der See tatsächlich recht zentral und nicht so gedrängt an den Landesgrenzen wie heutzutage.

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Wie ihr jetzt schon sicherlich richtig vermutet, heißt die südlichste bewohnte Insel in Deutschland „Lindau“ im Bodensee.

Und mit Lindau hat es wiederum eine persönliche Bewandnis:
Es gab mal eine Zeit in der ich Berufmusiker war und deshalb auch Musik studieren wollte. Jahrelanges Üben und monatelange Vorbereitungen auf die Aufnahmeprüfungen. Bestanden habe ich 1983 an allen Musikhochschulen, in Mannheim, in Freiburg, in Stuttgart, allerdings gibt es an diesen Hochschulen immer nur eine sehr begrenzte Anzahl von freien Studienplätzen und ich stand somit auf der Warteliste, die ich bis zu 4 Semester für das Vorrücken in der Liste hätte in Anspruch nehmen können. Aber mein Leben hat sich bekanntermaßen etwas anders entwickelt. Jedenfalls war ich damals in Freiburg und hatte nach der Prüfung mal wieder Zeit und bin kurz entschlossen durch den Schwarzwald Richtung Bodensee gefahren. Die Schwarzwaldstrecke war noch nicht so gut ausgebaut, es brauchte seine Zeit und es wurde sehr spät, so dass ich zwischen Überlingen und Meersburg an einem Parkplatz im Auto übernachtet habe.

Am nächsten Morgen, sehr früh, gings weiter nach Lindau. Hier habe ich mich ins beste Hotel am Platz, dem „Bayrischen Hof“ direkt am Hafen begeben, immer noch sehr früh und es war noch kaum ein Mensch da, das Frühstück hingegen war vorzüglich und das Wetter – es war im Juni – super.

Nur der Kellner war am Schluss etwas arg langsam. Auch nach mehrmaligem Rufen ist der nicht erschienen. Ich warte, und warte und warte… – nach etwa einer Stunde war mirs dann zu dumm und bin gegangen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich dabei das Zahlen vergessen habe. Ich schäme mich jetzt mal trotzdem. Habs aber heute versucht wieder gut zu machen und der Kellnerin ein fürstliches Trinkgeld gegeben.

Um mal jetzt wieder zurück zum Inselthema zu kommen, hier ein paar Impressionen:

 

 

Während die nördlichste, westlichste und östlichste Deutsche Insel gleichzeitig auch bewohnt sind, verhält es sich mit der südlichsten etwas anders. Die südlichsten Inseln in Deutschland liegen im Eibsee, nahe Garmisch, alle unbewohnt und mit einer Gesamtgröße von gerade mal einem guten Hektar.

Und das mit den drei Inseln im Bodensee ist auch bodenlos. Aber so haben wir es in der Schule gelernt. Didaktische Reduktion nennt sich das. So lernt man es auch am Staatlichen Seminar für Fachdidaktik und Lehrerfortbildung. Dieser Kunstgriff ist durchaus sinnvoll in Mathe und in den Naturwissenschaften usw. , aber doch nur bedingt in der Kulturwissenschaft und der Sozialwissenschaft, besonders am Gymnasium im Profilfach wenn es auf die Oberstufe zu geht.

Und da muss wieder mal ein Erlebnis herhalten, da sich kürzlich zugetragen hat:
Mein Sohn Ravi, 9. Klasse Gymnasium mit Kunstprofil bei der Kunstgeschichteklausur sollte die Frage beantworten, welche zwei künstlerische Reformbewegungen es Ende des 19. Jahrunderts / Anfang des 20. Jahrhunderts gab. Er nannte den Jugendstil und dies wurde ihm als Fehler angestrichen mit dem (roten) Vermerk, dass dies keine Reformbewegung sei. Wie bitte? Der Jugendstil, der maßgeblich auch von der Arts & Crafts-Bewegung beeinflusst wurde, von der antroposophischen Bewegung mit Rudolf Steiner usw. soll keine Reformbewegung sein? Die ganze Jugendstilarchitektten und Produktgestalter, insbesondere die Wiener Secession die als Bewegung angetreten ist den Historismus des 19. Jahrhunderts zu überwinden und neue Formen im Einklang mit den Bedürfnissen der Menschen zu suchen und zu kreieren?

Im Gegensatz dazu wurde von der Kunstlehrerin erwartet den Deutschen Werkbund zu nennen. Meiner Ansicht nach ist der Deutsche Werkbund vor allem deshalb gegründet worden um neue Produkte besser vermarkten zu können. Ich spreche ja dem DWB nicht reformerisches ab, aber der Reformgedanke ist hier mehr wirtschaftlicher Natur, während der Jugendstil auch die geistige Erneuerung im Sinn hatte.

Darauf angesprochen erwiderte die Kunstlehrerin mir: „So steht es im Schroedel (ein Schulbuchverlag) und ich halte mich daran.“ O Gott, und so jemand hat einen Universitätsabschluss. Ich habe den Eindruck, dass viele Lehrkräfte die Methodik des wissenschaftlichen Arbeitens nie wirklich verstanden haben. Wenn dem so wäre, würde man immer mehrere Quellen heranziehen, vergleichen und sich eine eigene Meinung bilden. Man würde dan akzeptieren müssen, dass es oft mehrere Sichtweisen gibt, die gleichzeitig richtig sind – der Standpunkt ist letzlich ausschlaggebend und die Begründung dazu. Mein Eindruck ist, dass oft Unsicherheit im Spiel ist, wenn es ums Bewerten geht, da beruft man sich halt aufs eingeführte Buch im jeweiligen Fach. Mit dieser Logik rechtfertigen auch alle religiösen Fanatiker ihr Tun. Man sieht ja überall die Folgen: in Syrien, im Irak, im Gaza-Streifen, auf der Krim, in der Ukraine etc..

Ich finde die Schüler und Studierende haben immer das Recht, eigene Lösungen und Schlussfolgerungen zu finden. Im Bereich der Typografie z.B. kann man niemals sagen, dass man bei Beachtung von einer handvoll Regeln in jedem Fall immer zu einem guten Ergebnis kommt. Da spielt schon die Erfahrung und die künstlerische Empfindungsfähigkeit eine sehr große Rolle. Die sucht man bei Lehrkräften in Funktionsstellen an den staatlichen Schulen wie eine Stecknadel im Heuhaufen. Im Übrigen durchaus ein Kernpunkt, der mich immer wieder in Konflikt mit dem staatlichen Schulsystem brachte – damals wie heute.

Und da muss ich mal ein großes Lob ausprechen für einen Lehrer, den Dr. Günther Müller, den wir ein paar Jahre auch als Klassenlehrer am Raichberg-Gymnasium in Ebersbach /Fils hatten. Best Teacher ever!

Wir hatten ihn in Geschichte und Deutsch, er hat aber auch an der Kunstakademie in Stuttgart studiert und dadurch das, was meiner Meinung einen guten Lehrer im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich ausmacht: Kompetenz gepaart mit einem extrem guten Allgemeinwissen und der Fähigkeit den Schülern assoziatives Denken zu vermitteln. Im Geschichtsunterricht war sein Bestreben, nicht nur die Fakten zu vermitteln, sondern uns auch das Denken der Menschen in der damaligen Zeit nahezubringen und warum sie dieses und jenes gemacht haben. Ganz toll bei ihm die Begleitumstände zu erfahren, wie es zur französischen Revolution kam, und warum wir noch heute von dieser Revolution partizipieren obwohl danach die Jakobiner diese Ideen pervertierten. Meine Ex-Klassenkameraden werden sich hoffentlich noch daran erinnern.

Und seine größte Eigenschaft: Unterricht komplett in freier Rede. Er hat uns mal erzählt, dass ein Prüfer bei seiner Lehrprobe gesagt habe: „Alles schön Herr Müller, Planung, Unterrichtsverlauf und Unterrichtskonzept alles gut strukturiert, aber lassen sie einfach jetzt alles liegen unterrichten sie frei.“ Das was dann kam hatte dem Prüfer wohl gefallen und Müller hats wohl gut und dannach offensichtlich zu seinem Standard gemacht. Leider musste er nach etwa vier Jahren unsere Schule wieder verlassen, das war die übliche Vorgehensweise, wenn man, wie bis in die 80-er Jahre hinein üblich, einen Kollegen disziplinieren wollte, der als ein 175-er galt. Ich will mir gar nicht vorstelle, wie der immer vom Kollegium gemobbt wurde, nicht offen, nein, Got bewahre, nur hinter vorgehaltener Hand selbstverständlich. Gottseidank haben sich die Zeiten etwas geändert.

Ich meine ein Typ der uns bei unserer Exkursion ins Elsass nach Notre-Dame-du-Haut de Ronchamp führte, uns den Hartmannsweiler Kopf zeigte und uns parallel das Buch „Im Westen nichts Neues“ zu lesen gab, und andererseits uns schon Mitte der 70-er Jahre vom Gilgamesch-Epos, dem ältesten bekannten überhaupt, berichtete, uns erzählte, und dass man in Mohenjo Daro schon vor über 4500 Jahren standardmäßig Bäder und Toiletten in die Wohnungen eingebaut hat, also bitte, ist das nicht großartig? Ich saß also öfters mal da und dachte mir, wow, der Typ hats drauf.

Solltet ihr mal wieder die Gelegenheit haben das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart zu besuchen, haltet Ausschau nach einem schwarzen Mercedes 300, Sondermodell ca. 1956, achtfach lackiert mit einem Armaturenbrett aus Wurzelholz, das war höchstwahrscheinlich seiner. Eine nächtliche und feuchtfröhliche Party hat ihn dazu verholfen. Wetteinsatz war eine Kiste Kessler Hochgewächs, Herausforderung war, ob er dieses Auto aus dem Schuppen im Garten des Nachbars, welches seit einigen Jahren ungenutzt rumstand, kaufen würde. Er hats getan und ihn bekommen, für 800 Mark. Später hat sich rausgestellt, dass es von diesem Sondermodell mit einer Auflage von etwa 150 Stück nur noch zwei fahrbereite gab. Und von da an brauchte er sich um die Funktionsfähigkeit seines Fahrzeugs nicht mehr zu kümmern, das hat dann Mercedes-Benz übernommen.

Die Spur habe ich schon im vorvorangegangenen Absatz gelegt, hier zwischendurch mein Buchtipp heute, passend zu hundert Jahre 1. Weltkrieg, Erstausgabe von 1929:

Im Westen nichts Neues

 

Zurück zum Thema, die längst überfällige Inselliste des Tages:

Deutsche Bodenseeinseln
Obersee

  • Vogelinsel bei Lindau an der Mündung der Leiblach
  • Hoy bei Lindau
  • Lindau
  • Mainau
  • Dominikanerinsel in Konstanz
  • 2 Vogelinseln / ehm. Dorniermole bei Immenstaad

Untersee

  • Triboldingerbohl
  • Mittler bzw. Langhohl
  • Reichenau
  • Liebesinsel

Bodenseeinseln in der Schweiz im Untersee

  • Insel Werd
  • Mittleres Werdli
  • Unteres Werdli

Also ingesamt 14 Inseln, wovon 5 bewohnt sind.

Österreich hat mal wieder nichts in dieser Hinsicht am Bodensee zu bieten, allenfalls ein paar Sandbänke.

 

Schlusspunkt heute einen Inselwitz von Perscheid. Die Älteren von uns werden sich daran erinnern.

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Fazit des heutigen Tages:

Deutschlands südlichste bewohnte Insel – klein und städtisch!

Die Reichenau ist viel schöner und entspannender, weshalb ich die nächsten Tage auch dort verbringen werde. Danke dafür auch an Cassis.

 

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